Batman v Superman: Dawn of Justice – Hans Zimmer & Tom Holkenborg

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Musik komponiert und produziert von
Hans Zimmer & Tom Holkenborg
Dirigiert von
Nick Glennie-Smith, Tom Holkenborg
& Gavin Greenaway
Orchestriert von
Bruce Fowler, Walt Fowler,
Yvonne S. Moriarty,
Carl Rydlund
& Kevin Kaska
Ergänzende Musik von
Steve Mazzaro, Andrew Kawczynski
& Benjamin Wallfisch

Hans Zimmer kann sich wirklich auf die Schulter klopfen: Der Oscar-gekrönte deutsche Filmmusik-Gigant ist nicht nur einer der bekanntesten, sondern auch einer der begehrtesten Komponisten im Business weltweit. Mit seinem Unternehmen „Remote Control Productions“ und den dort ausgebildeten Musikern hat er die Soundtrack-Welt fest in seiner Hand, was für einige wahnsinnig talentierte Komponisten wie John Powell oder Harry Gregson-Williams den Weg zu eigenen Projekten ebnete. Aber nicht alle Protégés von Meister Zimmer konnten sich so schnell einen individuellen Stil aneignen und so sind auch viele RC-Schüler unterwegs, deren Scores nicht zwangsweise schlecht sind, aber eine eigene Handschrift vermissen lassen und teilweise wie Kopien der Arbeiten ihres Lehrers klingen. Vor einigen Jahren noch war sogar Hans Zimmer selbst in einer kleinen Trocken-Phase, welche nun jedoch beendet scheint: Nicht nur ist der gebürtige Frankfurter zurzeit an so vielen Projekten wie selten zuvor beteiligt, die Qualität ist noch dazu so gut wie seit Jahren nicht mehr. Seien es der wilde Elektronik-Mix von „Chappie“, besinnlich-gefühlvolle Klavierklänge in „Winter´s Tale“ oder kreative Orchester-Arbeiten für „The Little Prince“ und kürzlich „Kung Fu Panda 3“, Zimmers Output der letzten Zeit kann sich echt hören lassen.

Sein am meisten erwartetes Projekt ist jedoch der Score für „Batman v Superman: Dawn Of Justice“, dessen Vorgänger „Man of Steel“ in jedweder Hinsicht die Gemüter spaltete: Ebenso wie der Film bekam auch der Soundtrack gemischte Kritiken (mein geschätzter Kollege Jonathan Broxton von moviemusicuk.us schrieb eine extrem negative Rezension), ich persönlich war zwar nicht begeistert, gab der Musik aber immerhin noch 3 von 5 Punkten, was man vom Film selbst nicht behaupten kann (ein katastrophaler Reinfall). Für den bombastischen, aber furchtbar unfokussierten, schlecht geschriebenen, seelenlosen und teilweise lachhaften Clash der Titanen „Batman v Superman“ holte sich Zimmer den niederländischen DJ Tom Holkenborg aka Junkie XL als Co-Komponisten mit an Bord, welcher seit 2010 zum RC-Team gehört und auch schon an „Man of Steel“ als Musiker und Dirigent mitarbeitete. Doch genau wie bei Zack Snyder und seinen Autoren muss man auch über die Musik sagen, dass diese nicht aus ihren Fehlern gelernt hat.

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Schon in der ersten Sekunde von “Beautiful Lie” will man als Hörer alle Hoffnung fahren lassen: Man wird mit lautem Dröhnen empfangen, Blechbläser und Trommeln präsentieren ein erstes Fragment des neuen Batman-Themas, 6 donnernde, sich wiederholende Töne. Doch schon nach ein paar Sekunden versiegt der Lärm und der Rest des Tracks bietet tatsächlich ein ziemlich emotionales Stück für Klavier, Streicher und Chor-Stimme, dass sich immer weiter steigert und im Film die Vorspann-Montage untermalt, in welcher wir Bruce Waynes Backstory und gleichzeitig die erste von vielen Traumsequenzen zu sehen bekommen. Ein Thema, welches der tragischen Seite der Figur würdig ist, das am Anfang nur kurz vorkommende Helden-Motiv wird jedoch für später aufgespart, denn der Folge-Titel “Their War Here” kehrt zurück zu den wilden Percussions und Streichern von “Man of Steel”, was zwar gerechtfertigt ist, da im Film dessen Finale aus der Sicht der Menschen am Boden gezeigt wird, aber es wird eben nichts Neues geboten. Erst mit “The Red Capes Are Coming” wird es interessanter, denn hier wird das Thema für den psychotischen Lex Luthor vorgestellt, ein listig-aggressives Stück für Cembalo und Streicher, dass wie eine pervertierte Version des “Jack Sparrow”-Themas klingt, auch Elemente von “Sherlock Holmes” und “Rango” sind herauszuhören. Am Schluss hört man noch eine kurze, schräge Streicher-Stimme. Zwar nicht wirklich neu, was die Melodie angeht, aber immerhin eine halbwegs originelle und passende Vertonung der Figur.

“Day Of The Dead” lässt altbekanntes Superman-Material erklingen, nämlich die langsam aufsteigende Tonfolge, die auch schon “Man of Steel” eröffnete, ab der Hälfte kommt jedoch eine gewisse Tragik dazu, die dem Thema für den Stahlmann eine neue Facette abgewinnen kann. Track 5 beginnt mit geisterhaftem Chor und pumpenden Sounds, geht über in ein schreckliches Durcheinander von schrillen Synth-Tönen, bis es zu einem Abklatsch von Holkenborgs “Mad Max”-Score wird, dasselbe Tempo, derselbe Klang, nur weit weniger gut anzuhören, genauer gesagt pure Ohrenfolter. “New Rules” fängt leise an, mit einer entfernt an John Williams´ “The Patriot” erinnernden Blechbläser-Stimme, welche sachte in eine zurückhaltende Variation des Batman-Themas übergeht. Ab der Hälfte kommt wieder Elektro-Quietschen und Grusel-Chor dazu, am Schluss kommt kurz die Percussion-Grundlage des Bat-Themes zum Einsatz. “Do You Bleed” eröffnet gleich mit einem kurzen Statement der Batman-Dröhner, diesmal auch mit Chor, geht dann über in einen wild drauflos dreschenden Action-Titel, der entfernt an die Musik aus der Nolan-Trilogie erinnert und mehrmals das neue Material für den dunklen Ritter einbaut, dabei aber auffallend nach Lorne Balfes “Terminator: Genisys”-Score klingt.

“Problems Up Here” bringt das Luthor-Thema wieder zurück, zusammen mit einer leicht unheimlichen Klavier-Stimme, welche bald einem tragischen Gesang mit Cello-Solo weicht. “Black and Blue” ist anfangs nur stumpfes Gebrause, bis nach etwa anderthalb Minuten Pauken und Hörner erneut die Action von der Leine lassen, Batman- und Superman-Material durchbrechen hier und da mal kurz das von jeder Melodie befreite Donnern, welches ohne Ziel und Fokus vor sich hin tost und den Hörer um Gnade flehen lässt, bis diese in der letzten Minute mit dem Tragik-Thema aus dem ersten Titel endlich eintritt. “Tuesday” (sollte der Titel nicht eigentlich “Doomsday” heißen? Wer hat sich da bei der Beschriftung der Titel verhört?) rumpelt lange Zeit ebenfalls nur leise und langweilig voran, bis es etwa ab der Hälfte lauter wird und ein nichtssagendes “Thema” etabliert, dass für den animalischen Mutanten wohl angemessen ist, aber aus nicht mehr als stampfenden Blechbläsern sowie auf- und absteigenden Streicherwellen besteht. “Is She With You?” bietet endlich wieder etwas ansprechenderes, denn hier hören wir erstmals auf dem Album das Material für Wonder Woman, welches im Film schon früher etabliert wurde. Eine zügellose, treibende Elektro-Cello-Stimme, die sich eher nach E-Gitarren-Riffs anhört, unterstützt von den unvermeidlichen Percussions, formt ein ganz nettes Thema, welches zwar nur den beabsichtigten Fangasm-Moment der Szene noch verstärken soll, dabei aber immerhin viel interessanter ist als das meiste, was bisher geboten wurde.

„This Is My World“ eröffnet mit einem Klavier-Statement der melancholischen Version des Superman-Themas, sehr schnell bringen Streicher und Chor Dramatik mit dazu. Die Einzel-Gesangs-Stimme, die in der Mitte des Titels in den Vordergrund tritt, ist tatsächlich sehr schön und berührend und lässt an Howard Shore und seine Musik zu den „Mittelerde“-Epen denken. Am Ende dominiert wieder das Klavier. Ein unerwarteter Ruhepunkt nach all dem Getöse. „Men Are Still Good“ lässt am Anfang ebenfalls die erhaben aufsteigende Tonfolge für Kal-El nicht missen, doch schon nach einer Minute wird es wieder düster, geradezu Horror-artige Streicher leiten über in misstönende Synthesizer-Laute, die wie das Weh-Klagen von Toten klingen. Nach einem kurzen Statement des Batman-Themas kommen die schrägen Streicher wieder, die zu Luthors Charakter gehören, danach abermals das Klavier. Dann kommen dunkle Streicher und Blechbläser ins Spiel, die sich langsam steigern und extrem an Gollums Thema aus „Der Herr Der Ringe“ denken lassen. Bei 7:43 ertönen ein weiteres Mal die Batman-Dröhner, welche der „Patriot“-artigen Bläser-Stimme weichen, dann in dramatisch aufsteigende Streicher übergehen und ab 11:39 abermals zu dem Fledermaus-Donnern wechseln, diesmal jedoch mit Streicher-Unterstimme und tragischen Hörnern, was diese Version des Batman-Materials zur wohl besten auf dem ganzen Album machen. Am Schluss kommt auch Chor dazu und lässt das offizielle Album auf einigermaßen epische Art und Weise ausklingen.

Die Deluxe Edition des Soundtracks enthält eine zweite CD mit 5 Bonus-Tracks, doch diese sind kaum der Rede wert: „Blood Of My Blood“ und „Vigilante“ sind größtenteils nur unterschwelliges und grausliges Gequietsche, welches im ersten Track ab der Hälfte zu lauter Action und danach in Fragmente des Superman-Materials übergeht, „May I Help You, Mr. Wayne?“ bietet wieder die leicht Gollum-ähnliche Melodie für Streicher, welche ebenfalls für Bruce Wayne stehen, simpel, aber passend und eine willkommene Abwechslung zu all dem Lärm. „They Were Hunters“ beginnt mit düsterem Klavier, wechselt dann zu Supermans Klavier- und der einzelnen, einsam-heroischen Bläser-Stimme, „Fight Night“ packt erneut die polternden Percussions, dröhnenen Sounds, Streicher-Ostinati, den tönenden Chor und das nervige Quietsch-Sausen der Synthesizer aus. Ein schnödes Ende für ein schnödes Album.

Fazit:

Man kann es einfach nicht schön reden: Der Score zu „Batman v Superman: Dawn Of Justice“ ist, genau wie der Film, eine Enttäuschung. Dass durch das Wiederkehren von bekanntem Material aus dem Vorgänger Kontinuität gewahrt wurde ist löblich, aber man hätte sich doch eine Weiterentwicklung derselben gewünscht, nicht bloß abgespeckte Statements der immer gleichen „Melodien“! Apropos „Melodien“: Es gibt kaum welche, alles geht in Gedröhne, Ziepen, Fiepen, Poltern und einfach nur reinem Lärm unter, die neu hinzugekommenen „Themen“ kann man an einer Hand abzählen und einige Tracks sind nicht einmal unter der Kategorie „Musik“ zu verbuchen, sondern unter „Sound-Design“. Im Film funktioniert der Score ganz gut und man kann den Komponisten nicht wirklich vorwerfen, dass sie einen Soundtrack geschrieben hätten, der nicht zu den Bildern passen würde. Aber es hat in letzter Zeit filmische Desaster gegeben, welche die jeweiligen Musiker zu wahren Höchstleistungen inspirierten, zu einer Fülle von Melodien und Bombast! Michael Giacchino bei „Jupiter Ascending“, John Powell bei „Pan“!

Natürlich lassen sich diese Filme nicht mit „Batman v Superman“ vergleichen, dieser ist düster, grimmig, wuchtig, deprimierend, aber dass sich all das auch in der Musik wiederfindet, macht diese zu keinem guten Hörerlebnis. Hin und wieder horcht man auf bei einer interessanten Idee, wie beim schrägen Motiv für Lex Luthor, dem wilden Elektro-Cello für Wonder Woman oder dem durchaus im Ohr bleibenden Dröhnen für Batman. Auch einige der emotionalen, ruhigen Parts funktionieren durchaus, aber kaum etwas klingt wirklich originell, die Action ermüdet rasch, die gräßlichen Underscoring-Stücke, die vor allem in der zweiten CD überwiegen, jagen einfach nur Angst ein und man hat ständig das Gefühl, all das schon mal anderswo besser gehört zu haben. Hans Zimmer und Tom Holkenborg versagen ähnlich wie Zack Snyder, den Helden, die ihnen anvertraut wurden, gerecht zu werden, und so muss ich schweren Herzens 1,5/5 Punkte vergeben, meine schlechteste Wertung bisher, die, angesichts dessen, dass in all diesem Chaos durchaus Potential für mehr geschlummert hätte, nur noch mehr schmerzt. Dass Hans Zimmer mehr draufhat, konnte er erst vor kurzem mit „Kung Fu Panda 3“ ausreichend beweisen, sogar Holkenborg selbst hat mit einigen seiner Einzel-Arbeiten mehr überzeugt als hier. Ich bin neugierig darauf, welche Art von Zimmer-Stil wir demnächst zu hören bekommen werden, da dieses Jahr auch noch „The Legend of Tarzan“ und die dritte Dan Brown-Verfilmung „Inferno“ aus seiner Feder stammen. Auf die Art von Score, die er uns mit „Batman v Superman“ vorsetzt, können wir in Zukunft jedoch gern verzichten – für immer!

Trackliste mit Längenangabe und Anspieltipps:

CD 1:

  1. Beautiful Lie – 3:47

  2. Their War Here – 4:36

  3. The Red Capes Are Coming – 3:32

  4. Day Of The Dead – 4:02

  5. Must There Be A Superman? – 4:03

  6. New Rules – 4:04

  7. Do You Bleed? – 4:36

  8. Problems Up Here – 4:26

  9. Black and Blue – 8:33

  10. Tuesday – 4:01

  11. Is She With You? – 5:47

  12. This Is My World – 6:25

  13. Men Are Still Good – 14:08

CD 2:

  1. Blood Of My Blood (Bonus Track) – 4:30

  2. Vigilante (Bonus Track) – 4:01

  3. May I Help You, Mr. Wayne? (Bonus Track) – 3:33

  4. The Were Hunters (Bonus Track) – 2:50

  5. Fight Night (Bonus Track) – 4:20


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