Musik komponiert & Produziert von
Michael Giacchino
Dirigiert von
Cliff Masterson, Jeff Kryka
& Ludwig Wicki
Orchestriert von
Jeff Kryka, Mick Giacchino
& Curtis Green
Ergänzende Musik von
Mick Giacchino & Paul Apelgren
Another Year, another Batman. Die Devise Hollywoods ist: “Wenn es beim letzten Mal nicht geklappt hat, versuchen wir es einfach nochmal… aber anders!“ In diesem Fall scheint der Plan aber endlich einmal aufgegangen zu sein: nachdem Zack Snyders Pläne für weitere Batman-Filme mit Ben Affleck im Sande verliefen, versucht sich nun der überaus talentierte Matt Reeves an dem dunklen Ritter – und hat, ich kann es nicht anders ausdrücken, einen wahrhaftigen Batman-Film abgeliefert! „The Batman“ dreht sich tatsächlich vollständig um den Titel-Charakter, präsentiert ein urban wirkendes und atmosphärisches Gotham und geht dabei so düster und deftig vor, wie es die Altersfreigabe eben noch erlaubt. Robert Pattinson ist grandios in der Titelrolle und macht Batman sowohl bedrohlich als auch verwundbar, Zoe Kravitz ist verführerisch und entschlossen als Catwoman, Jeffrey Wright glänzt als Jim Gordon und Paul Danos Riddler lässt den Film immer wieder in Horror-Gefilde abdriften. John Turturro und Colin Farrell stehlen ihre Szenen als die Gesichter von Gothams Unterwelt, nur von Andy Serkis‘ Alfred hätte ich mir noch mehr Szenen gewünscht, denn trotz der stattlichen Laufzeit kommt seine Rolle etwas kurz. Dennoch ist dies ein stimmiger und packender Film, welcher sich zwar für Sequels offen lässt, aber auch sehr gut als Stand-Alone funktionieren könnte.
Mit Matt Reeves als Regisseur war vielen Fans schon im Vorfeld klar, dass Michael Giacchino als Komponist fungieren würde, schließlich arbeiten die beiden schon seit „Cloverfield“ (2008) zusammen. Was ich an den Reeves/Giacchino-Arbeiten besonders mag, ist die Tatsache, dass sie Giacchino des Öfteren dazu bringen, außerhalb seiner Komfortzone zu komponieren. „The Batman“ ist da keine Ausnahme: es ist ein düsterer, stimmungsvoller Score geworden, welcher der Titelfigur absolut angemessen ist, stilistisch aber, im Gegensatz zu vorherigen Batman-Scores, nicht vollkommen bei Null anfängt.
Giacchinos neues Batman-Motiv passt hervorragend zum Charakter: es ist düster, brütend und schreitet stetig stoisch vorwärts, genau wie Pattinsons Version der Figur selbst. Im Kern erinnert das Motiv ein wenig an John Williams‘ „Imperial March“, aber das ist vermutlich nur Zufall. Tatsache ist, dass Giacchino es sehr oft verwendet, tatsächlich dominiert es die meisten Tracks. Die erste Verarbeitung in „Can’t Fight City Halloween“ beschwört teilweise die Stimmung der Animated Series herauf, klingt mit düster-listigen Streichern, Harfe, Holz- und Blechbläsern bedrohlich und teilweise gruselig. In der zweiten Hälfte tritt das Motiv mit Anvil-Percussion und kräftigen Blechbläsern sowie abwärts sausenden Streichern deutlicher hervor. Ich kann es schwer beschreiben, aber dieses Motiv und die Art, wie es hier arrangiert wird, klingt einfach nach Batman!
Wie schon gesagt, kommt das Motiv in den meisten Tracks vor: mit Gong-artigen Percussion und Klavier am Ende von „Mayoral Ducting“, mit Pauken, Anvils und quietschenden Streichern in „It’s Raining Vengeance“, auf dunklem Klavier in „Don’t Be Voyeur with Me“, etwas sanfter mit Streichern und Klavier in „Gannika Girl“, mit hallenden Pauken und teilweise gezupften Bass-Streichern in „Escaped Crusader“ und als Pulsschlag für „Riddles, Riddles Everywhere“ – und dies sind nur einige Beispiele. Das Motiv tauchte bereits in frühen Promo-Clips und Trailern auf und so oft, wie es im Score vorkommt, wirkt wie ein Statement Giacchinos: „This is my Batman Theme, and I will make DAMN SURE you won’t forget it!“ Allerdings begrüße ich diese Vorgehensweise – wenn man ein gutes Motiv hat, dann sollte man es entsprechend auch nutzen. Und da sich der Film quasi gänzlich um Batman dreht, ergibt es nur Sinn, dass auch sein musikalisches Material entsprechend oft erklingt.
Für den Riddler ließ sich Michael Giacchino etwas besonders einfallen: sein Thema ist eine Verarbeitung von Franz Schuberts „Ellens dritter Gesang“, speziell des berühmten „Ave Maria“-Parts am Anfang. Das Schubert-Lied eröffnet den Film und wird im Zusammenhang mit dem Riddler entsprechend unheimlich variiert, oft mit wortlosem Kinder-Gesang. Auf dem Album wird es in „Mayoral Ducting“ vorgestellt und kommt auch in „Gannika Girl“, ausführlich in „Moving in for the Gil“, wobei auch so etwas wie Kehl-Gesang eingesetzt wird, „Collar ID“, nahezu „Silent Hill“-Horror-artig in „World’s Worst Translator“ und sehr clever variiert in „The Great Pumpkin Pie“ vor. In „Hoarding School“ vermischen sich das Riddler- und Batman-Material ruhig und sehr gelungen, bevor es gegen Ende wieder in bedrohlichen Horror abdriftet. Auch das Thema für den Riddler ist distinktiv und memorabel und sorgt für ordentlich Stimmung und Nervenkitzel innerhalb des Films und auf dem Album.
Das Material für Catwoman ist sehr viel romantischer und erinnert mit seinen sich verführerisch streckenden und nahezu miauenden Streichern tatsächlich an Danny Elfmans „Batman Returns“, was beinahe wie eine bewusste Hommage wirkt. Es liegt zudem eine große Portion Tragik in der Melodie, zu welcher sich oft eine Harfe gesellt. Wir hören das Thema unter anderem in „Gannika Girl“ (wo es sich mit dem Batman-Material mischt und ein wenig nach „Doctor Strange“ klingt), entschlossen in „Penguin of Guilt“, ausführlich in „Meow and You and Everyone We Know“ und nahezu herzzerreißend am Ende von „An Im-purr-fect Murder“. Ein weiteres Thema scheint sowohl Gotham als auch Bruce Wayne gewidmet, eine friedlichere, sanft aufsteigende Melodie für Klavier und Streicher, vorgestellt in „Funeral and Far Between“, auch in „For All Your Pennyworth“ kommt es vor.
Die Action, wenn sie einsetzt, ist extrem laut und wuchtig: im schon erwähnten „Escaped Crusader“ ertönen schrammelnde Streicher, E-Gitarre, Percussion und Blechbläser, „Highway to the Anger Zone“ beginnt mit quietschenden Streichern, Blechbläsern und krachenden Percussion und entwickelt sich zu einem bombastischen Track mit sausenden Streichern, flirrendem Blech und hämmerndem Schlagwerk, auch hier gibt das Batman-Motiv den Pulsschlag an und erfährt einige tönende, nahezu triumphale Statements. Michael Giacchino und sein Team legen hier richtig los, es dröhnt, kracht und surrt, dass es teilweise gar an Don Davis‘ „Matrix“-Scores erinnert. „A Bat in the Rafters, Pt. 1“ klingt tatsächlich, als wäre es von Shirley Walker komponiert worden, mit kräftigen Riddler-Statements für das volle Orchester, höchst dramatisch, wobei besonders die Streicher ordentlich hin- und her sausen. In „A Bat in the Rafters, Pt. 2“ hält das Batman-Motiv donnernd Einzug und erklingt deftiger und brutaler denn je, wobei es Triumph, aber auch Bedrohung und Unsicherheit durchläuft, auch das Catwoman-Thema kommt dazu. „The Bat’s True Calling“ lässt das Batman-Motiv erst triumphal erklingen und geht dann in das Gotham/Bruce Wayne-Material über, welches auch emotional und ausschweifend, mit romantischen Streichern und Harfe, in „All’s Well That Ends Farewell“ variiert wird. Das Album endet mit vier Suiten, jeweils eine für Batman, den Riddler und Catwoman und die letzte, „Sonata in Darkness“, ein langes Stück für Klavier, wobei nochmal das Batman-Motiv, das Catwoman-Thema und das Gotham/Bruce Wayne-Material ausführlich arrangiert werden.
Fazit:
Wie schon gesagt, finde ich es immer interessant und spannend, wenn Michael Giacchino außerhalb seiner Komfortzone agiert – und dieser Score bildet da keine Ausnahme! „The Batman“ scheint viele Elemente aus vorherigen Bat-Scores in sich zu vereinen: die düstere Theatralik von Shirley Walker, die orchestrale Kraft der Elfman-Scores sowie teilweise die treibende Rhythmik und Wucht, welche Hans Zimmer und James Newton Howard zur „The Dark Knight“-Trilogie beisteuerten. Und dennoch klingt Giacchinos Musik wie etwas eigenes, ohne dabei das Rad vollkommen neu erfinden zu müssen. Die Charakter-Themen sind passend und stimmungsvoll, Drama und Horror sitzen perfekt und die Action tönt mächtig und gewaltig aus den Boxen. Es ist der Batman-Score, der perfekt zum Film passt und auch auf dem Album seine Wirkung nicht verfehlt. Einige Hörer mag die Länge zwar abschrecken, aber die hier gelisteten Anspieltipps schaffen da ja vielleicht etwas Abhilfe. 4/5 Punkte gibt es dafür von mir – heißen wir Michael Giacchino, welcher hiermit ein weiteres Mal sein immenses Talent unter Beweis gestellt hat, in Gotham willkommen!
Trackliste mit Längenangabe und Anspieltipps:
- Can’t Fight City Halloween – 4:04
- Mayoral Ducting – 2:34
- It’s Raining Vengeance – 4:31
- Don’t Be Voyeur with Me – 2:38
- Crossing the Feline – 1:46
- Gannika Girl – 2:30
- Moving in for the Gil – 4:23
- Funeral and Far Between – 1:45
- Collar ID – 1:15
- Escaped Crusader – 2:44
- Penguin of Guilt – 3:44
- Highway to the Anger Zone – 5:19
- World’s Worst Translator – 3:34
- Riddles, Riddles Everywhere – 1:54
- Meow and You and Everyone We Know – 5:18
- For All Your Pennyworth – 2:38
- Are you a Kenzie or a Can’t-zie? – 5:45
- An Im-purr-fect Murder – 3:48
- The Great Pumpkin Pie – 2:22
- Hoarding School – 4:55
- A Flood of Terrors – 4:29
- A Bat in the Rafters, Pt. 1 – 4:33
- A Bat in the Rafters, Pt. 2 – 6:42
- The Bat’s True Calling – 3:05
- All’s Well That Ends Farewell – 2:41
- The Batman – 6:47
- The Riddler – 5:01
- Catwoman – 3:03
- Sonata in Darkness – 12:11
Sehr schön rezensiert, ich hatte im Vorfeld nur mal kurz angelesen, wollte vor einer ausführlichen Lektüre aber erst Mal meine eigene Rezension zum Score fertig machen. Es wundert mich nicht wirklich, dass wir den Score sehr ähnlich wahrnehmen – ich bin definitiv gespannt, wie Giacchino seinen Bat-Sound in potentiellen Sequels weiterentwickelt.
Ich war übrigens auch sehr angetan von der Erwähnung von „Mask of the Phantasm“ in der letzten Trackswap-Episode, Shirley Walker kann nie genug Anerkennung bekommen. Ich denke, demnächst steht mal ein Ranking der Batman-Themen bei mir ins Haus…
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Vielen Dank! Und ja, es war schön, mal über Walkers Bat-Sound zu sprechen. Toll, dass es dir gefallen hat.
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Bei „Meow and you and everyone we knew“ gibts gleich zu Beginn ein recht direktes Hans Zimmer Zitat (Gothams Reckoning).
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Oh verdammt, du hast Recht! Klingt sehr ähnlich… ist vielleicht auch nur Zufall… wer weiß.
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