Musik komponiert von
James Newton Howard
Score produziert von
James Newton Howard,
Michael Dean Parsons & Tobin Pugash
Dirigiert von
Pete Anthony & Gavin Greenaway
Orchestriert von
Pete Anthony, Jeff Atmajian,
Peter Boyer, Philip Klein
& Jon Kull
„Hedwig’s Theme“ komponiert von
John Williams
Ich weiß noch, als ich mir von den „Fantastic Beasts“-Filmen spaßige Abenteuer mit Eddie Redmaynes Newt Scamander und einigen verrückten Kreaturen versprach. Spätestens nach dem zweiten Teil der Harry Potter-Prequel-Reihe, „The Crimes of Grindelwald“, wurde mir klar, dass Newt und seine Tierwesen übertrieben düsteren Welteroberungs-Szenarios und viel zu komplizierten Politik-Problemen in der Zaubererwelt Platz machen würden. Der erste Film war ein wackeliger Start für das Franchise, der zweite der definitive Beweis dafür, dass J.K. Rowling keine Ahnung davon hat, wie man ein Drehbuch schreibt und anständig strukturiert, alles verlor sich in vollkommen irrsinnigen Enthüllungen und zuviel Fokus auf „Deep Lore“. Für den dritten Teil jedoch, abermals unter der Regie von Erfüllungsgehilfe David Yates entstanden, wurde Steve Kloves dazugeholt, welcher die Drehbücher von 7 der insgesamt 8 „Harry Potter“-Filme schrieb. Dies hat allerdings nichts gebracht: „The Secrets of Dumbledore“ ist ein herausragend langweiliger Film, mit konfusen Charakter-Motivationen, viel zu vielen Figuren, um eine klare Übersicht zu behalten und insgesamt einfach einem viel zu uninteressanten Plot, in welchen Newt und seine Tierwesen zwar diesmal eingebunden sind, was aber nicht viel nützt, da alle Schauspieler*innen, trotz guter Performances, vom schlechten Skript alleingelassen werden. Hohen Produktionswerten und einigen charmanten Einfällen zum Trotz ist dies wahrscheinlich der am wenigsten lohnenswerte Film der Reihe und es bleibt fraglich, ob und wie es mit dieser in Zukunft weitergeht.
Auch Komponist James Newton Howard kehrte zur Reihe zurück, welcher ehrlich gesagt der einzige Grund ist, weshalb ich diese Filme noch verfolge, denn seine Scores für die Vorgänger zählten zu meinen Lieblingen ihrer jeweiligen Erscheinungsjahre. Entsprechend fieberte ich der Musik zu „The Secrets of Dumbledore“ mit großer Erwartung entgegen. Das Ergebnis ist interessant: im Vergleich zu den Vorgänger-Scores lässt das Album ein wenig an Potential vermissen. Als Score selbst, auch gemessen an seiner Wirkung im Film, ist die Musik jedoch abermals sehr gelungen!
Howard bewahrt durchaus thematische Kontinuität, allerdings tauchen viele Themen aus den ersten beiden Filmen nur selten auf. Das Hauptthema für die Reihe selbst, die Titel-Melodie, das Material für Kowalski und Grindelwald sowie das Freundschafts-Thema sind zwar präsent, aber werden nur an bestimmten Stellen angespielt. Besonders seltsam mutet die Tatsache an, dass Dumbledores eigenes Thema, erstmals etabliert im zweiten Film, nur ein einziges Mal vollständig auf dem Album erklingt – obwohl sein Name im Filmtitel steht. Allerdings glaube ich zu wissen, was genau das Problem war: es gibt so viele Charaktere und Ideen in diesem Film, dass garantiert auch Howard entsprechend verwirrt war und sich dazu entschied, nicht allzu sehr auf individuelle Themen zu setzen. Stattdessen kristallisiert er in vielen Tracks einfach die Grundstimmung einer Szene heraus, um der Handlung in diesen Fällen eine klare musikalische Richtung zu geben, jedoch ohne allzu komplexe oder gar ablenkende Themen-Vermischung.
Das Ergebnis ist ein Score, welcher abermals wunderschön klingt und viele Szenen durch seine pure Anwesenheit bereichert, auf dem Album selbst jedoch ein wenig fragmentarisch, dabei aber keineswegs ziellos daherkommt. Der Score belohnt aufmerksame Hörer*innen, welche die Ohren für Nuancen und individuelle Einfälle gespitzt halten, wird aber die Fans enttäuschen, die sich offensichtlichere, gar bombastischere Statements ihrer Lieblingsthemen gewünscht haben. „Enttäuschen“ ist dabei jedoch vermutlich ein zu starkes Wort, denn, wie schon gesagt, ist die Musik für sich genommen alles andere als enttäuschend.
„I’m Expecting Someone“ beginnt mit sanftem Chor und geht dann in einer mysteriös-magische Glockenspiel-, Chor-, Streicher- und Klavier-Variation des Hauptthemas der Reihe über, gefolgt von schönem Cello. „We Can Free Each Other“ erinnert in seiner Melancholie an “Water for Elephants”, bevor wir in “She’s Ready”, nach einer fragmentierten Hauptthemen-Version mit Hörnern und Streichern, eine neue Melodie vernehmen, und zwar für das Tierwesen-Baby, welches so bedeutungsvoll für den Plot ist. Dem kleinen Wesen ist ein bezauberndes Thema für sanften Kinderchor gewidmet, welches auch in „Powers of the Beast“ und „The Twin“ zu hören ist. Nach nahezu Hymnen-artigem Chor- und Orchester-Aufbau, welcher sich in „Wyvern Rescue“ in die Titelmusik entlädt, geht es in „Young Man’s Magic“ mit dem Material für Grindelwald und den Blutschwur weiter, welches hier im Prinzip eine Erweiterung des Reue-Chor-Themas aus Teil 2 ist. „Lally“ stellt eine hübsche, frech-listige Melodie für teilweise gezupfte Streicher, Holzbläser und leichte Percussion vor und endet mit einem kleinen Jacob Kowalski-Statement, welches auch, diesmal leicht jazzig, „Call Me Jacob“ beschließt.
„Countersight“ wird mit einer kräftigen Version des Hauptthemas eröffnet und wird im Anschluss mysteriöser und leicht bedrohlich, aber auch spielerisch, wobei wieder eine Kowalski-Verarbeitung auftaucht. „A Message to Deliver“ haftet etwas marschartig-totalitäres an, mit düsteren Blechbläsern und Percussion, aber es werden auch elektronische, leicht spacige Klänge mit eingebaut. „Insufficient Evidence“ führt diese Stimmung größtenteils weiter und wird am Ende mit Chor beeindruckend tragisch. „Kama’s Memory“ lässt den Reue/Grindelwald/Blutschwur-Chor zurückkehren, „Same Blood“ eröffnet mit einer Chor-Stelle, die dem geheimnisvollen Gesang der Nebelinsel in „The Witcher 3: Wild Hunt“ sehr ähnelt und lässt im weiteren Verlauf eine überraschend emotionale Version des Obscurus-Materials aus dem ersten Teil erklingen, nach einem besonders deftig-gruseligen Teil in der Mitte. „The Erkstag“ beginnt etwas verspielter (wobei es kurz vor der 1-Minuten-Marke so klingt, als hätte jemand Kinder-Kichern zur Musik gemischt) und geht nach einem fragmentierten Statement des Hauptthemas in eine Mischung aus Neugier und Gefahr über, mit einem Sound gegen Ende, der wie das fauchende, tiefe Atmen eines Monsters klingt.
„Manticore Dance“ ist ein sehr komödiantischer Titel mit teilweise schräg, aber auch exotisch klingenden Percussion, welche schließlich zu einem Tango-artigen Tanz werden, was die mit Abstand unterhaltsamste Szene untermalt. „Assassin!“ ist der erste wirkliche Action-Titel und Howard nutzt die Gelegenheit, um in die Vollen zu gehen, mit vollem Orchester, schmetternden Blechbläsern und Snare Drums, wobei auch das Hauptthema eingearbeitet wird. Nach einem schnellen, frechen Intermezzo in „Ted and Pick“ kommt es in „The Escape“ zu einer weiteren Action-Sequenz, wobei die Struktur allerdings fast 1:1 von dem Titel „Matagots“ aus dem zweiten Film übernommen wurde. Dies ist jedoch eine Neuaufnahme mit abermals rasanter, aber eben sehr ähnlicher Orchestrierung, inklusive dem stets willkommenen Newt-Hero-Statement mittendrin. „Kingdom of Bhutan“ klingt mit mysteriösem Chor, Glockenspiel, einigen Gong-artigen Percussion und Streichern wieder sehr magisch und ein klein wenig exotisch. Howard verbindet hier die Klänge des Franchise sehr gut mit musikalischen Elementen, die zum Himalaya passen.
„Family History“ ist ein Track voller Reue, mit einem wirklich berührenden Klavier-Part in der Mitte, welcher auch in Chor übergeht, „Reanimation“ ist mit nahezu gequältem Chor düster und gruselig, „The Room We Require“ enthält jedoch die auf dem Album einzige Anspielung der John Williams-Potter-Musik, genauer gesagt eine sehr gelungene Version der B-Phrase von „Hedwig’s Theme“, sehr gut gefallen mir auch die entschlossenen Staccato-Streicher am Ende des Titels. „Surrounded“ bietet eine relativ clevere Alternation des Hauptthemas auf, „Hey Fellas“ ist rasch und komödiantisch und „Case Chaos“ lässt die Howard-typische rasante und verspielte Action zurückkehren, wobei im Film selbst auch die Quidditch-Musik aus den Potter-Filmen wiederverwendet wird, was dort ganz gut klingt, mich aber auch ein wenig abgelenkt hat. „A Full Heart“ beginnt sanft und emotional mit Klavier und Streichern, „King Kong“ sehr ähnlich, bevor es wieder mit Gong-Percussion und Holzbläsern sowie Chor exotisch, aber auch bedrohlich wird.
„The Vote“ bietet eine Mischung aus majestätischer und bedrohlicher Musik auf, wobei erneut etwas schräge, leicht spacige Elektronik zum Einsatz kommt. Hier überwiegt auch das schon aus Teil 2 bekannte Material für Grindelwald. „He’s Lying to You“ ist geheimnisvoll und tückisch, mit einer traurigen Streicher-Version des Kowalski-Materials und mehr Hoffnung gegen Ende. „He Sought to Kill, I Sought to Protect“ beginnt direkt mit brutal wabernder Elektronik, geisterhaften Chorstimmen und dröhnenden Percussion und setzt mit von Streichern und Chor getragener Tragik fort, sehr ausschweifend und emotional, mit dem Grindelwald/Reue/Blutschwur-Chor am Schluss. „I Was Never Your Enemy“ ist mit Streichern, Blechbläsern und Chor erlösend und erinnert in der zweiten Hälfte an Howard Shores Rivendell-Material aus „The Lord of the Rings“, in „The Promise“ kommt es am Ende wieder zu einem ausschweifenden Hauptthemen-Statement und „The Ceremony“ lässt uns ENDLICH das schöne Freundschafts-Thema aus Teil 1, aber auch das Dumbledore-Thema aus Teil 2 hören. Beides klingt so wundervoll wie eh und je, wobei das Freundschafts-Thema Titel und Film beschließt.
Aber damit ist das Album noch nicht am Ende, denn der Track „Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore“ ist das flotte und fröhliche Main Credits-Stück, wobei wir im Film selbst jedoch nur die zweite Hälfte davon hören, die erste wurde durch eine verkürzte Version der Main Credits von Teil 1 ersetzt. Die Grundpfeiler des Titels erinnern sehr an „Jungle Cruise“ und die Instrumentierung klingt hier am ehesten nach John Williams und versprüht viel Lebensfreude, was in diesem Score ja eher selten vorkommt. Interessanterweise baut Howard hier einen Teil des „Lally“-Themas ein, welches im Rest des Albums eigentlich gar nicht mehr vorkam, hier aber sehr gut passt, genauso wie der glasklare und wundervolle Knabenchor in der Mitte. Der Track endet schließlich mit einem fragmentierten, sanften Holz- und Blechbläser-Statement von Newts Helden-Thema. Gregory Porters „Heaven“ dagegen kann man sich getrost schenken.
Fazit:
So einige Mitglieder der Filmmusik-Community waren früh dran mit ihren Enttäuschungs-Bekundungen über den Score, dass er nicht so gut sei wie die beiden Vorgänger und dass dessen rare Highlights oft nur Re-Statements von schon bekannten Stellen sind. Dieser Meinung bin ich absolut nicht: sicher, dies ist ein sehr viel nachdenklicherer, gar subtilerer Score, weniger „flashy“ und mit sehr viel weniger Fokus auf Action. (Übrigens: wo waren all diese Leute im Fall von „The Rise of Skywalker“, dessen Score diese Art von Kritik viel eher verdient hat?!) Was wir stattdessen bekommen haben, ist ein Album, welches sich auf die Magie im Detail konzentriert und dort die geneigten Fans mit wunderschönen Highlights zu beglücken vermag. Orchester und Chöre werden wundervoll miteinander verbunden und die neuen Melodien und Einzelmomente fügen sich gut ein. Hätte ich mir ein paar mehr Statements von bereits etablierten Charakter-Themen gewünscht? Durchaus. Erfreut mich das vorliegende Album als das, was es ist, trotzdem? Absolut!
Gemessen an den Vorgängern ist „The Secrets of Dumbledore“ also vielleicht nicht ganz die Sause, die viele erwartet haben, aber für sich genommen dennoch ein definitiver 4/5 Punkte-Score, welcher Fans von James Newton Howard sicher die ein oder andere Gänsehaut bescheren wird. Gefühlvolle, gut durchdachte und vor allem magische Fantasy-Musik wie diese bekommen wir nicht mehr allzu häufig – ein Grund mehr, sich über ein Album wie dieses zu freuen.
Trackliste mit Längenangabe und Anspieltipps:
- I’m Expecting Someone – 2:15
- We Can Free Each Other – 2:37
- She’s Ready – 2:32
- Wyvern Rescue – 3:44
- Young Man’s Magic – 3:19
- I Know You Are There – 2:36
- Lally – 1:23
- Call Me Jacob – 1:41
- Countersight – 4:28
- A Message to Deliver – 4:07
- Insufficient Evidence – 2:07
- Do You Know What It’s Like? – 2:38
- Kama’s Memory – 2:33
- Same Blood – 5:27
- The Erkstag – 2:59
- Let Him Stand – 2:04
- Manticore Dance – 3:23
- Go to Him – 2:23
- Assassin! – 1:39
- Ted and Pick – 1:11
- The Escape – 2:31
- Kingdom of Bhutan – 2:46
- Powers of the Beast – 1:50
- Family History – 4:07
- Reanimation – 2:06
- The Room We Require – 3:15
- Surrounded – 1:12
- Hey Fellas – 1:36
- Case Chaos – 1:45
- A Full Heart – 3:48
- The Vote – 4:19
- He’s Lying to You – 5:23
- The Twin – 2:19
- He Sought to Kill, I Sought to Protect – 2:35
- I Was Never Your Enemy – 1:23
- The Promise – 2:30
- The Ceremony – 5:02
- Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore – 2:48
- Heaven (Gregory Porter) – 3:52
Ein Gedanke zu “Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore – James Newton Howard”